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Was ist die Stempelsteuer der Schweiz und wie verhält sie sich zur geplanten deutschen Finanztransaktionssteuer?

Der deutsche Minister Hubertus Heil sucht händeringend nach Finanzierungsquellen für seine vorgeschlagene Grundrente. Nach bisheriger Vorstellung soll diese Grundrente ohne Bedürfnisprüfung allen Rentnern mit gewissen Eckwerten bei Versicherungsdauer und Rentenhöhe offen stehen. Damit ist sie in der derzeitigen Finanzlandschaft nur halt kaum finanzierbar. Neue Einnahmen müssen her.

 

Eine mögliche Einnahmequelle könnte eine Finanztransaktionssteuer sein. Diese wird u.a. auch auf europäischer Ebene diskutiert.

 

Die quälende Frage ist nun für manch deutschen Anleger: Sollte man sein Geld schnell noch in die Schweiz schaffen, um der Steuer zu entgehen?

 

Spass beiseite, so kritisch ist es wohl nicht. Erstmal betrifft eine Finanztransaktionssteuer kaum Anleger, die nur wenig Handel betreiben und Wertpapiere in der Regel lange halten. Zum anderen sind die Kosten in der Schweiz für Wertpapierkauf und -verkauf eher höher als in Deutschland. Zudem kennt die Schweiz bereits jetzt eine spezielle Steuer, die sogenannte Stempelsteuer.

 

Stempelsteuer

Die Stempelsteuer (PDF) fällt an beim Wertpapierhandel und zusätzlich in anderer Form - leider für Verbraucher eher ungünstig - auch bei Versicherungsprämien.

 

Bei Wertpapieren bemisst sich die Stempelsteuer am Umsatz:

  • Steuer für inländische Wertpapiere in % des Umsatzes: 0.075%
  • Steuer für ausländische Wertpapiere in % des Umsatzes: 0.15%

Diese Werte gelten pro Vertragspartei! Käufer und Verkäufer zahlen diese Steuer jeweils, der Staat nimmt also den doppelten Wert ein.

 

Also beim Kauf von McDonalds für 5000 Franken sind es ca. 7.50 Franken, jeweils für Käufer und Verkäufer. 15 Franken gesamt. Keine Unsummen, aber ein kleiner unangenehmer Gebührennadelstich. Man sieht, die Schweiz ist erstmal kein Paradies für Aktionäre.

 

Die Schweiz steht somit hier im teueren, dunklen Handelseck der europäischen Staaten und hat mit der Stempelsteuer eher eine Hürde für Finanztransaktionen geschaffen - allerdings eine uralte Hürde aus dem ersten Weltkrieg. In bürgerlichen Kreisen werden längst Gründe für die Abschaffung der Stempelsteuer gesucht und diskutiert. Gelänge dies, könnte die Schweiz ihre Position gegenüber anderen Handelsplätzen enorm verbessern, zumal diese - wie gesagt - eher die Einführung einer entsprechenden Steuer anstreben.

 

Und dies ist meiner Meinung nach der Unterschied: Deutschland sucht nach Gründen um neue Steuern einzuführen. Die Schweiz erarbeitet Vorschläge, alte Steuerzöpfe abzuschneiden. Bingo!

 

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Kommentare: 5
  • #1

    Mans Heiser (Freitag, 24 Mai 2019 10:46)

    Diese Steuer fällt nur bei Schweizer Instituten an!
    Wenn man also z.B. bei DEGIRO ist, umgeht man die Steuer ganz legal! Von den besseren Gebühren ganz zu schweigen.

  • #2

    Dreigroschenblogger (Freitag, 24 Mai 2019 12:15)

    Stimmt, es gibt in der Steuerinformation zahlreiche Ausnahmen, sonst wäre die Lage für Schweizer Institute noch ungemütlicher. Aber wie ist es, wenn man über Degiro an der Schweizer Börse Aktien kauft, beispielsweise Nestlé?

    https://www.nzz.ch/schweiz/abschaffung-der-stempelsteuer-wuerde-wichtigen-wettbewerbsvorteil-bringen-ld.1342120

  • #3

    Anne (Montag, 27 Mai 2019 23:45)

    Ersteinmal Kompliment für deinen Blog, lese ihn sehr gern.

    Kannst du mal einen Beitrag verfassen, wie du dir Quellensteuern auf Dividenden zurückholst (wo sonnvoll)?

  • #4

    Johannes (Mittwoch, 29 Juli 2020 17:37)

    Schöner Blog, eben darauf aufmerksam geworden. Wenn Du gestattest, zu Deinem letzten Satz fällt mir schon die Bemerkung ein, dass sie dann schon ganz schön lange suchen, aber scheinbar keiner die Schere findet.
    Aber im Ernst, der entscheidende Vorteil der Schweiz ist die Steuerfreiheit auf Kursgewinn. Dies ist in der BRD ein vor langer Zeit schon beendeter Zustand, welcher wohl auch nicht mehr hergestellt wird. Die Stempelsteuer ist ärgerlich, gerade wenn man kurzfristiger am Markt unterwegs ist, aber man weiss es ja, dass sie da ist. Was mir wichtiger ist, dass sich nicht irgendwann die Diskussion auf die Steuerfreiheit ausrichtet, denn auch die Schweiz wird auf absehbare Zeit überlegen, wie die sehr grossen Summen der Zahlungen während COVID gegenfinanziert werden können und oder müssen.

  • #5

    Dreigroschenblogger (Mittwoch, 29 Juli 2020 17:45)

    @Johannes
    Danke. Eine Steuer, die es diesmal in Deutschland nicht gibt, aber in der Schweiz: die Vermögenssteuer. Falls ich nicht unterhalb der Bagatellgrenze bin, geht für meine bestehenden Aktienanlagen jedes Jahr ein klitzekleiner Vermögenssteil weg. Leider...

    Ich bin zuversichtlich, dass die Schweiz die COVID-19-Ausgaben im Griff hat und finanzieren kann.