Nach jahrelangen Vorbereitungen bringt Zahlungsdienstleister Six nun in wenigen Tagen eine Bereicherung ins sonst schon gut gefüllte Repertoire an Einzahlungsscheinen für die Rechnungsstellung in der Schweiz. Zu den bereits bekannten Einzahlungsscheinen in orange und rot und manchmal neutral-weiss stösst am 30. Juni der Einzahlungsschein mit QR-Code. Die Medien berichteten in den letzten Tagen bereits breit darüber, angestossen auch durch eine intensive PR-Kampagne von Six.
Alle dazu tiefergehenden Unterlagen, neue Standards, Flyer, FAQs usw. finden sich übrigens gut sortiert hier, entsprechende Tools und Hilfen für Entwickler dazu hier.
In diesem Beitrag wird nicht über die Neuerung des QR-Code-Einzahlungsschein an sich berichtet, sondern ich werde mich aus Konsumentensicht kritisch mit der QR-Rechnungsstellung auseinandersetzen.
Beispiel Einzahlungsschein aus dem Style Guide von Six
Farbenwirrwarr
Zu den bereits zahlreich vorhandenen Einzahlungsscheinen in allerlei Farben und Formen und zu bereits existierenden Lösungen wie z.B. der eBill kommt eine weitere Zahlungslösung, ohne dass etwas anderes ersetzt oder verdrängt wird. So sind alle zufrieden, aber einfacher wird es dadurch auf keiner Seite. Und sicher auch nicht kostengünstiger!
Insellösung
Wie so häufig haben die Finanzdienstleister eine rein Schweizer Lösung ausgekungelt, gut erkennbar am Schweizerkreuz in der Mitte des QR-Codes. Praktisch, denn dann weiss jeder gleich: hier gelten Schweizer Dienstleistungspreise!
Analogabschnitt
Ein klassischer Kompromiss ist der links auf dem Einzahlungsschein angefügte Einzahlungsschein für die - leider immer noch - beliebten Bareinzahlungen am Postschalter, der dann von der Annahmestelle hübsch analog gestempelt wird. Hätte man noch ein wenig länger verhandelt, wäre bestimmt noch ein nettes Säckeli für römische Silbermünzen dazugekommen 😉.
Dabei sind die Bareinzahlungen bei Rechnungsstellern, denen man kurioserweise die Kosten dafür belastet, höchst unbeliebt. Ich fasse es einfach nicht, dass man diesen ollen Zopf der Bareinzahlung nicht endlich abschneidet und vergisst.
Fehlende Tools
Ich habe natürlich privat keine professionelle Rechnungsstellungssoftware. Derzeit fehlen mir daher Tools, mit denen ich z.B. einem Mieter eine Rechnung über die fälligen Nebenkosten inklusive QR-Code senden kann. Oder bei Freunden den Anteil für eine gemeinsame Unternehmung einfordern kann. Hier werden sich aber irgendwann entsprechende Lösungen finden.
Anmerkung 6.9.2020: Problem gelöst, siehe hier.
Nicht menschenlesbar
Der QR-Code setzt zu 100% auf Maschinenlesbarkeit. Ein Mensch kann in dem Muster rein gar nichts erkennen. Es ist daher zwingend nötig, den durch Computer erkannten Code nach dem Einlesen nochmals zu kontrollieren, bevor eine Zahlung ausgelöst wird. Stimmt alles mit den Angaben auf der Rechnung überein? Ich bin mir sicher, dass viele Leute im Alltagsstress diesen Schritt übergehen werden. Und damit kann es leicht zu Fehlern und Betrügereien kommen. Einige Beispiele gefällig?
- Die Handwerkerrechnung enthält deutlich hervorgehoben durch doppelte Unterstreichung den Betrag mit Skonto-Rabatt, im QR-Code ist aber unsichtbar der Betrag ohne Rabatt hinterlegt.
- Der für eine Bestellung zu zahlende Betrag ist im QR-Code um eine oder zwei Kommastellen verschoben. Statt 12.99 Fr. auf der Schriftrechnung liest die Scansoftware 1299 Fr. und man merkt es bei der flüchtigen Kontrolle nicht sofort.
- Ein Betrüger verteilt massenhaft selbstgestaltete WWF-Bittschriften per Email mit schriftlich zwar korrekt angegebener Zahlungsstelle, aber eigenem eingefügten QR-Code. Wer es nicht prüft, zahlt die Spenden also an einen Gauner. Ein gutes Geschäft für den Ganoven, selbst wenn nur jeder 1000. darauf hereinfällt.
Dabei wären Computer und KI heutzutage längst leistungsfähig genug, um den reinen Text eines gedruckten Einzahlungsscheines lesen und verarbeiten zu können, ohne Umweg über ein QR-Codemuster. Das wäre meiner Meinung nach die Zukunft. Was der Mensch lesen und erkennen kann, erkennt auch die Maschine, ohne Zwischenschritt. Ein Betrug oder lässliche Fehler bei der Umsetzung in Code wäre so durchaus vermeidbar.
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