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I+I Können Schweizer mehr Anlagerisiko vertragen?

Viele Finanzblogger, die eine frühe finanzielle Freiheit anstreben, sehen in Welt-ETFs die passende Anlagestrategie für ihre Bedürfnisse. Die breite Streuung und die geringen Kosten der ETFs ergeben ein akzeptables Risikoprofil und im Endeffekt ein ausgeglichenes Mitschwingen mit dem globalen Wirtschaftsgeschehen. Raketengewinne sind ebensowenig zu erwarten wie Totalverluste. Auch wenn man seine vielleicht schmale Rente im Alter aufbessern will, scheint dies eine gangbare Strategie zu sein. 

 

Aber gilt das alles auch für Schweizer? Ich schaue mir dazu beispielhaft die Verteilung unseres Familienvermögens genauer an. Welche groben Kategorien von Vermögen haben wir und wie sind diese aus aus der Sicht eines Verlustrisikos zu bewerten?

 

Immobilien

Mit einer selbstbewohnten Immobilie und weiteren vermieteten Wohnungen ist ein grosser Teil des verfügbaren Vermögens gebunden. Dieser Anteil macht bereits knapp ein Drittel des Gesamtvermögens aus. Der Nutzwert dieser Investition ist aber enorm, wohnen ist ein Grundbedürfnis. Die vermieten Immobilien sind nicht allein Renditeobjekte, sondern dienen der weiteren Entwicklung der Familie und können dieser bei Bedarf auch irgendwann zur Verfügung stehen. Ein gravierendes Verlustrisiko besteht bei Immobilien gemäss allgemeiner Ansicht nur untergeordnet, man spricht anschaulich von "Betongold".

Beim Anteil von 31% wurden übrigens Wertsteigerungen nur ansatzweise berücksichtigt, das geliehene Fremdkapital ist natürlich abgezogen.

 


                  Immobilien 31%                                                                          
                  Säule 3a 14%                                                                          
                  Pensionskassen 45%                                                                          
                  Aktien & Barvermögen 10%                                                                          

Säule 3a (private Vorsorge)

Etwas mehr als 14% sind immerhin in unserer 3. Säule angespart. Diese Gelder können frühestens fünf Jahre vor Erreichen des ordentlichen Pensionsalters bezogen werden. Ausnahmen sind möglich, z.B. zur Amortisation der selbstbewohnten Immobilie. Säule 3a Anlagen sind recht streng reguliert, noch nicht sehr lange sind auch etwas risikobehaftetere Anlagen in ETFs möglich. In früheren Jahren hat man sich meist für Fonds mit Anteilen von Aktien und Anleihen entschieden oder gleich eine Sparanlage mit eher schmaler Verzinsung gewählt. Auf jeden Fall liegt auch hier ein Vermögensanteil mit relativ begrenztem Risikopotenzial vor.

 

Pensionskasse (berufliche Vorsorge)

Den grössten Brocken machen unsere Pensionskassen aus. Ganze 45% unseres Vermögens befindet sich in diesem Bereich, der bis zur Pensionierung natürlich nur schwer erreichbar ist (Ausnahmen gibt es!). Das früheste Pensionierungsalter hängt vom Reglement der Pensionskasse beim jeweiligen Arbeitgeber ab, bei mir wäre es ab 58 Jahren möglich. Immerhin.

Durch ein strenges staatliches Reglement sind diese Gelder vor Verlustrisiken gut geschützt. Möchten Arbeitgeber und Pensionskassen die Einnahmen dennoch risikobehafteter anlegen (z.B. höherer Aktienanteil), dann müssen die Arbeitgeber entsprechende Garantien übernehmen und bei Unterdeckung mit zusätzlichen Finanzspritzen einspringen. Damit ist dieser Vermögensanteil ebenfalls eher risikoarm.

 

Barvermögen und Aktien

Da das Verhältnis von Barvermögen und Aktien schwanken kann, habe ich diese Kategorien zusammengefasst. Der Anteil dieser Vermögensklasse macht bei uns 10% aus. Derzeit ist davon nur etwas mehr als die Hälfte, also 5% in risikobehafteten Einzelaktien angelegt.

 

Fazit - höhere Risiken eingehen!

Die verhältnismässig sicheren Vermögensanteile machen bei uns 90% aus. Man muss sich dazu die in der Pensionskasse liegenden Anteile bewusst machen, die oft vergessen gehen. In jüngeren Jahren sieht dies natürlich noch anders aus, aber es entwickelt sich stetig im Laufe des Berufslebens. 

Sichtbarer sind für einen natürlich vor allem das selbstverwaltete Anlagevermögen und Bargeld auf Konten. Eigentlich spielt bei vielen abhängig Beschäftigten dies aber bereits früh eine untergeordnete Rolle. 

Aus diesem Grund denke ich, dass wir auch bei Aktienanlagen durchaus so manches Risiko eingehen dürfen. Vielleicht winkt dann auch einmal ein entsprechender Gewinn. Es besteht aus dieser Sicht kein Grund für eine vorsichtige Anlage in Welt-ETF mit entsprechend geringem Potenzial.

 

Ich denke, dies gilt für viele Schweizer. Wenn man sich dabei wohl fühlt, kann man am Aktienmarkt durchaus einmal höhere Risiken eingehen, weg von Nestle und Roche und Swiss Re. Meist ist das Vermögen sowieso automatisch breit gestreut und man besitzt bereits Anteile dieser Unternehmen. Also, gerne mehr Risiko wagen...

 

Und dabei habe ich die AHV und IV noch gar nicht berücksichtigt - diese sind ja kein Vermögen, stellen aber auch eine wirksame Absicherung im Alter und bei Invalidität dar.

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